Sonntag, 12. Februar 2012

Suppenkasper

Ich genehmigte mir dieses Wochenende einen kurzen „Fronturlaub“ und fuhr für einen Tag zu meiner Familie. Es gab Suppe.

   Als ich nachmittags halb verhungert bei meiner Familie ankam, erklärte mir mein Opa, dass die Suppe im Kühlschrank stehe. Ich ging also in die Küche, nahm die Glasschüssel aus der Kühleinheit und füllte den Inhalt in einen Topf. Da ich dünne Suppen eigentlich sehr gerne mag und bei dieser nun relativ wenig Flüssigkeit vorhanden war, machte sich ein Anflug von Enttäuschung in mir breit. Nun ja, sie werde schon schmecken, dachte ich mir, stellte den Herd auf Stufe neun, griff einen Holzlöffel und begann mit dem Rühren. Während ich lustig vor mich hinrührte, das Gemisch so langsam anfing zu köcheln und ich in meinen Gedanken so tat, als moderiere ich eine Kochsendung, versuchte ich neugierig durch gezieltes Holzlöffelsticheln herauszufinden, um welche Suppenart es sich denn bloß handeln könnte. Mir kam sie zumindest nicht bekannt vor.

   In meinem Hinterkopf ließ ich noch einmal die vergangenen fünfzehn Minuten Revue passieren und erkannte einige Ungereimtheiten. Warum war die Suppe eigentlich in einer Glasschüssel? Und warum war so wenig Flüssigkeit darin?

   Meine Augen wurden groß.

   Ich drehte mich erneut zum Kühlschrank, öffnete ihn und blickte in der untersten Schuhblade auf einen silbernen Topf, dessen glänzende Oberfläche mir entgegenrief „Glückwunsch! Das ist das Dümmste, was du je gemacht hast!“.

   Ich hatte den Salat gekocht.

   Innerlich fühlte ich mich in mein fünfjähriges Ich zurückversetzt, das damals versuchte, ein Brot von beiden Seiten zu beschmieren. Nun etliche Jahre später gab es allerdings keine passende Ausrede mehr für solch eine Aktion. Wie würde meine Familie auf diese Tat ihres einzigen Nachfahren reagieren? Die Person, die den Fortbestand der Familiengene sichern sollte, hatte gerade eine Portion Chicoreesalat mit Sahnedressing gekocht…Sie haben gelacht. Aber vielleicht war es auch aus purer Verzweiflung.