Donnerstag, 31. Mai 2012

Tag am Meer

Seit einigen Tagen verbreitet der Sommer 2012 seine verführerische Aura. Das gute Wetter sorgt dafür, dass jeder jeden liebt. Kätzchen tollen verspielt mit fröhlichen Rüden umher und wenn jemand mal nicht lacht, lachen andere dafür umso lauter. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass auch du ein zufriedenes Lächeln vor dir herträgst, vorausgesetzt du hast einen Mund.
      Bei all den positiven Schwingungen, darf allerdings der Betrug der letzten Saison nicht vergessen werden…die Narben sind noch zu frisch. Damals deutete sich die 2011-Version schon im April an, sorgte für ekstatische Glücksgefühle, verschwand kurz darauf wieder für den Rest des Jahres und ließ im Zuge dessen die Suizidrate explodieren. Ein kluger Mann sagte in diesen Tagen des klimatischen Terrors: „Ein Sommer ohne Sommer ist kein Sommer! … Ich habe trotzdem noch Durst!“ (Ich gebe zu, dass ich betrunken war, als ich diese Worte von mir gab, aber das macht sie nicht weniger weise.)
      Ich habe mir gerade einige meiner Aufzeichnungen angeschaut und finde die folgende Anekdote eigentlich ganz passend, um die Vorfreude auf hoffentlich viele Tage am Meer noch weiter anzufachen.
Es war der erste Strandtag des Jahres 2007 und ich saß vollkommen entspannt auf meinem Superman Handtuch, ein Beatles Fotoalbum auf dem Schoß und die Sonnenbrille auf der Nase. Der blaue Himmel ließ mich alle Sorgen vergessen und die Welt schien der perfekte Platz auf Erden zu sein.
     Wenn das Wetter mitspielt, gibt es eigentlich kaum etwas, das am Strand schief laufen kann…eigentlich. Wären da nicht die drei Punkte:
1. Ein klassischer Tsunami (zerstört nicht nur die gute Stimmung).
2. Die Evolution entschließt sich, gerade an diesem Tag Haien Beine und Lungen wachsen zu lassen…und Raketenwerferflossen. 
3. Eine wilde Partycrew infiltriert mehr oder weniger unbemerkt den eigenen Strandabschnitt und tut was sie am besten kann.
      Der dritte Punkt trat ein und ließ meinen Körper spontan verkrampfen. Die Anfang zwanzigjährigen Jungs zogen ihre Shirts mit der Aufschrift „Ostsee Tour 2007" aus und machten sich daran, ihre mitgebrachten Bierkästen zum Kühlen in die Ostsee zu werfen. Meine Miene versteinerte. Verzweifelt blickte ich aufs Meer und hoffte auf Punkt 2. Es war für mich nur eine Frage der Zeit, bis die Jungs einen vollkommen schwachsinnig großen Ghettoblaster hervorzaubern würden, um die gesamte Ostseeküste mit untragbarer Musik zu zerstören. Das erklärt auch, warum ich aus Verzweiflung laut auflachte als ein Gruppenangehöriger in die Menge schrie: „Ey, macht mal Musik!"
      Mittlerweile hatte ich ein beachtliches Loch gebuddelt, um mich darin zu Tode zu stürzen. Doch es sollte anders kommen. Denn nach einiger Zeit fing die Gruppe tatsächlich an, eine seltsame Faszination auf mich auszuwirken.
      Ich hatte zu diesem Zeitpunkt seit gut einer Stunde nicht mehr umgeblättert, sondern konzentrierte mich nun ausschließlich auf das Live-Schauspiel vor meinen Augen. Die Namen und Charaktere der Gruppe hatte ich bereits verinnerlicht. Man hätte die Gruppe nicht besser casten können: Da gab es den blonden langhaarigen Sonnyboy; den etwas dickeren Ruhigen, der sich nach einigen Bier in die Hand kotze, zu Boden fiel und dort langsam in der Sonne verbrannte; den Austauschschüler aus Brasilien, der mit der Sprache strauchelte; es gab den Normalo; den Schönling; den Bodybuilder; den etwas Langsamen (im Kopf) und den Deutschen mit Migrationshintergrund.
      Schließlich entdeckten die Jungs dann auch die Gruppe gleichaltriger Mädchen, die ziemlich direkt neben ihnen ihr Lager aufgeschlagen hatten. Es war wie eine Freilichtaufführung von American Pie. Sie bewarfen sich gegenseitig mit Quallen, gruben sich ein, überschütteten sich mit Bier oder zogen sich im Wasser die Hosen runter, um danach einen „lustigen" Handstand zu vollführen.
      Nach knapp drei Stunden wollten sie dann los, um sich beim Fußballgucken „richtig volllaufen" zu lassen. Und somit begann der beste Teil der Show. Die total versandeten Jungs liefen nun in die Ostsee, um sich abzuwaschen. Wieder am Strand angekommen bewarfen sie sich dann gegenseitig mit Schlamm. Es dauerte eine komplette Stunde (!) bevor sie es endlich schafften, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Um halb fünf zogen sie sich schließlich ihre „Ostsee-Tour 2007" Shirts über und marschierten davon.
      Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass sie einen durchweg belustigten Strand hinterließen. Sogar die ü60 Generation schien amüsiert. Dieser Tag am Meer verlief zwar komplett anders als geplant, aber Punkt 3 hat seitdem einiges an Schrecken verloren.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Kommunikationswirrwarr

Findet ihr es nicht auch verwirrend, mit all den Kommunikationsmöglichkeiten heutzutage klarzukommen? Wonach geht ihr, wenn sich die Frage stellt: „Renate August hat nächste Woche Geburtstag…schicke ich da eine e-Mail, eine Nachricht bei Facebook oder doch lieber einen Kommentar auf ihrer StudiVZ Seite? Warum eigentlich keine SMS? Und was spricht gegen einen Brief … Scherz, das wäre total 1930 … Ich sollte anrufen, ist persönlicher."
  
Renate August wohnt nebenan.

Anhand dieses Beispiels sieht man eindeutig das größte Problem der heutigen Jugend: Der Teufel der Entschlusslosigkeit führt durch ein Überangebot an Möglichkeiten in vielen Fällen in die Depression und damit zu seltsamen Haarschnitten und schlechten Bands. Das kann niemand gutheißen! Früher war das anders. Da gab es einfach keine Handys, kein Internet, keine Briefe, keine Menschen. Und den Sauriern ging es doch auch gut! … Bis sie alle starben.

Natürlich stellt sich dabei jedem die Frage, ob die Saurier mit Hilfe von Breitband DSL überlebt hätten. Und ich sage ja, weil ich es weiß. Aber das ist jetzt auch nicht mehr unser Problem. Zudem muss man sich immer bewusst machen, dass der beste Film aller Zeiten „Jurassic Park" (Fakt!) nie gedreht worden wäre, hätten die riesen Echsen vor 65 Millionen Jahren Warnungen per Whatsapp verschicken können.

Der Ursprung dieses Problems ist ganz klar der Freak, der damals das Papier erfand. Plötzlich wurden sich Briefe geschrieben. Kurz darauf erschuf der nächste, wahrscheinlich mit dem ersten verwandte, Freak dazu passend den Brieffreund (so gesehen der Steinzeit Mark Zuckerberg). Und dann ging alles ganz schnell. Zack, Zack, Papier, Brief, Brieffreundschaft, Telefon, Fax, e-Mail, Handy, ICQ, Myspace, Facebook… Wo wird das Enden? In der Klapse! Ohne Verbindung nach draußen!