Wie jedes Jahr habe ich auch am ersten
Juni 2012 wieder alle meine Winterklamotten verbrannt, um meine Bereitschaft
für den Sommer zu signalisieren. Dumm nur, dass der Sommer am zweiten Juni
schon wieder zu Ende war…Nachdem mein letzter Blog über das Stranderlebnis noch
die Hoffnung beherbergte, dass die „warme Jahreszeit“ dieses Jahr auch
tatsächlich diesen Namen verdient hätte und ich am Tag darauf allerdings bei
elf Grad in einem notdürftig aus fünf weißen Shirts zusammengeschneiderten Mantel
durch die Stadt ging, wurde mir auf grausame Art bewusst, dass selbst Hoffnung
heutzutage ein Luxusgut geworden ist. Positiv an dieser Situation war der
Erkenntnisgewinn, dass durch den Shirtmantel ein Schamlevel erreicht wird, der dank
der enormen Blutzirkulation zusätzlich wärmt! Aber so richtig freuen kann ich
mich darüber auch nicht, wenn ich mir das Elend da draußen so ansehe. Heutzutage
ist auf nichts mehr Verlass! Die Jahreszeiten reihen sich damit in eine lange
Tradition gebrochener Versprechen ein.
Enttäuschung an sich fing wohl mit dem Fisch an, der damals vor ein paar Milliarden Jahren zu seiner Familie meinte „Ich geh mal kurz gucken, was es mit diesem ‚Land‘ so auf sich hat. Bin zum Abendessen zurück!“ Da diesem Fisch allerdings am Strand Beine wuchsen und er daraufhin als erstes Landlebewesen die Erde besiedelte, starb seine Fisch-Familie daheim vor Enttäuschung…und vor Hunger. Er sollte Essen mitbringen.
Wir alle werden ständig enttäuscht. Allerdings
gilt es dabei, verschiedene Abstufungen zu unterscheiden. Wenn meine Katze mir
Mäuseinnerein auf den Boden kotzt, bin ich zwar schon irgendwie enttäuscht,
aber nicht wirklich von ihr. Sie weiß es halt einfach nicht besser. Wenn sie
mir Mäusinnereien aufs Kopfkissen kotzt, bin ich vielleicht noch etwas frustrierter,
aber sie kennt schließlich das Prinzip des Kopfkissens nicht und ist somit
wieder fein raus. Wenn sie den Kühlschrank öffnet, die Milch rausnimmt,
Mäuseinnereien in den Karton kotzt, ihn wieder in den Kühlschrank stellt und
mir nichts sagt, dann bin ich sauer. Wie ihr seht, ist es ein schmaler Grat
zwischen Enttäuschung und Zorn.
Wenn etwas so allgegenwärtig ist wie Ernüchterung,
ist es auch kein Wunder, dass Leute versuchen, damit Geld zu verdienen und so
hat sich auf diesem Gebiet tatsächlich eine eigene Profession entwickelt. Politiker
haben es geschafft, komplette Existenzen auf geplatzten Versprechen aufzubauen
und dieses Handwerk zu einer wahren Kunstform erhoben. Ich bin mir ziemlich
sicher, dass der eben angesprochene Fisch auch irgendein Minister war. Meiner
Meinung nach ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Politiker auf Wählerfang
auch besseres Wetter versprechen: „Wählt die ABC und wir garantieren
durchschnittlich 25 Grad von Mai bis Oktober!“ Und Zack! Nuklearer Winter…Sicher
ist Politik ein hochkomplexes Gebilde und für Außenstehende leicht zu
kritisieren, aber irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, dass mir einige
Politiker regelmäßig in die Milch kotzen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen