Donnerstag, 8. Dezember 2011

Glühwein mit Schuss

Glühwein mit Schuss ist eine Bitch! Anfangs wird einem Wärme gespendet, man fühlt sich einfach wohl und wird immer fröhlicher...bis man schließlich so fröhlich ist, dass man sich an nichts mehr erinnern kann...

Mittwoch:

18:07 Uhr: Wir stehen zu fünft auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt. Die erste Runde Glühwein wird geliefert. Ich bestelle mit Schuss, selbstverständlich! Was soll ein kleiner Glühwein schon anrichten? Schließlich habe ich vor zehn Stunden ein Brot gegessen, das den Alkohol schnell aufsaugen wird!

18:22 Uhr: Zweite Runde..Ja okay, ich spüre halt schon ein bisschen, aber da geht noch was, ist ja auch noch früh. Mit Schuss bitte!!

18:36 Uhr: Wir sind nur noch zu viert. Nächte Runde..Schuss!

19:08 Uhr: Was soll denn überhaupt so schlimm sein an diesem Getränk? Das läuft doch super! Nächster? Gut, dann nehme ich halt den Bus um halb.

19:?? Uhr: Nur noch zu dritt..Ich glaub, ich muss langsam los. Was? Ja klar, eine Runde geht noch, dann muss ich aber.

??:?? Uhr: Ach, hier wohnst du? Sehr cool! Lass uns doch Musik anmachen.

??:?? Uhr: Das war der Nachbar an der Tür? Zu laut? Dann machen wir halt leiser.

??:?? Uhr: Das war die Polizei an der Tür? Zu laut? Dann machen wir halt leiser.

Filmriss...

Ab hier muss ich die Erinnerungen der drei verbleibenden Personen zusammensetzen, um meinen weiteren „Werdegang“ an diesem Abend möglichst komplett nachstellen zu können:

Person 1: Wir sind zu Fuß zum Kiez gegangen.


Person 2: Wir sind mit dem Taxi zum Kiez gefahren.

Ich: Wir waren auf dem Kiez?

Person 1: Wir sind in einer Bar und spielen Tischfussball. Ich spiele mit, allerdings hauptsächlich, um mich an den Griffen festhalten zu können und nicht umzukippen. Es wird „Olli! Olli!“ gerufen, was dann von der ganzen Bar aufgenommen wird, bis schließlich alle „Olli! Olli!“ schreien. S-Bahnstation Reeperbahn (gegen 22:00 Uhr): Ich mache mit den Armen einen Vogel nach und schwebe durch die Station. Der freundliche DB-Sicherheitsdienst spricht mich an, da ich gefährlich nahe an den Gleisen spiele. Person 1 hält mich wiederholt davon ab, in die falsche Bahn zu steigen. Ich: “Mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung.“ Dann steige ich schließlich in die Bahn nach Altona...ich müsste nach Bergedorf....

Ich (nun alleine): Wo bin ich? Ist das richtig hier? Ich kann nichts lesen, weil sich alles dreht...hm, ich steige erst mal aus und steige dann willkürlich in eine andere Bahn...Wo bin ich jetzt? Das ist doch auch nicht richtig irgendwie...ich steig einfach wieder aus.

Schnitt.

??:?? Uhr im 40 km entfernten Geesthacht: Brrr...kalt hier..Geesthacht? Ich werde mich mal in die Kreissparkasse begeben, mich mit ausgebreiteten Armen, so als würde ich einen Schneeengel machen wollen, genau in die Mitte des Raumes legen und schlafen.

Ca. 01:30 Uhr: Jemand weckt mich und ich verlasse die Kreissparkasse. Wie spät? Gleich müsste ein Bus kommen.

01:50 Uhr: Eben hätte ein Bus kommen müssen...der nächste fährt um sechs. Ich habe drei Möglichkeiten: 1. Ich gehe die verbleibenden 16 km nach Hause und erfriere. 2. Ich gehe zurück in die Kreissparkasse und warte vier Stunden auf den Bus. 3. Ich hole mir ein Taxi und bezahle 20 Euro...Taxi! Mist, mein Handy hat keinen Akku mehr und ich weiß nicht, wo ich hier Taxen finde...ABER: Ich kann ja einfach auf dem Bürgersteig rumspringen, bis mich ein vorbeifahrendes Taxi sieht!! Da ist ja auch schon eins! Jetzt nur noch springen!! Höher!! Höher! Es klappt!! Auf dem Weg nach Hause rede ich mit dem netten Taxifahrer über die Antike.

03:30 Uhr: Ich bin zu Hause...Moment..03:30 Uhr??

Montag, 3. Oktober 2011

Küchen-GAU-Syndrom

Wenn ich in die Küche gehe, klingelt beim CIA das blaue Telefon. Das ist trauriger Fakt. So hat es mein Kartoffelauflauf von 2007 als einziges Gericht in die Top-5 der meistgesuchten Terroristen geschafft.
   Dass Tiefkühlpizza von vielen Menschen fälschlicherweise als Selbstgänger bezeichnet wird, löst in mir verstörte Verzweiflung aus. Wenn ich mir ein kompliziertes Brot geschmiert habe, kommt das gleich ins Tagebuch. Verkochte Nudeln trockne ich gerne mal mit dem Fön und auch das Eier-in-der-Mikrowelle-„kochen“-Spiel habe ich bereits verloren. Bei dem Versuch ein Spiegelei zu braten, brannte mir dann vor einigen Jahren fast die Küche ab. Nach dieser Aktion versuchte ich mich für einige Zeit nur noch an Gerichten, für die man keine Hitze benötigt... wie zum Beispiel Snickers.
   Da mir diese Ernährungsweise allerdings auf Dauer zu eintönig wurde, habe ich nun mit dem Herrn Martinsen von der Feuerwehr ausgehandelt, dass ich nachts von 2:30 Uhr bis 2:47 Uhr Gerichte der Gefahrenstufe 4 zubereiten darf. Also, Kernfrüchte mit einem Radius von bis zu acht cm und in der Mikrowelle leicht erhitztes Weißbrot ohne Rand. Wenn das acht Monate ohne Zwischenfall gut gehen sollte, erhalte ich die Lizenz bis rauf zu Stufe 10. Fertignudeln...ich habe ein Ziel!
   Für diejenigen unter euch, die mit dieser Skala nichts anfangen können: Es gibt 48 Stufen. Die erste ist Weißmehl, Stufe 40 ist Kugelfisch und 48 natürlich Kryptonit.
   Für normale Menschen ist diese Skala uninteressant, aber für Leute wie mich, die mit dem Küchen-GAU-Syndrom geboren wurden, ist sie ein nicht zu unterschätzender Leitfaden zu mehr Lebensqualität. Personen mit Küchen-GAU-Syndrom leiden unter einer Antibegabung in der Küche. Sie verletzten sich oftmals schon tödlich beim Brotschneiden und werden daher meist nicht älter als sechs. Ich bin mit meinen mittlerweile 28 Lenzen der älteste, bekannte Fall seit Anbeginn der Aufzeichnungen im Jahre 1014.
   Letztes Jahr habe ich „Ludwig den Stümper" überholt. Er wurde 1591 in Mainz geboren und starb 1618 im Alter von 27 bei einem Anfall von Größenwahn als er beschloss, sich alleine einen Tee zu brühen. Der „Ludwig macht sich einen Tee" Vorfall gilt noch heute unter Historikern als wohl größtes Blutbad seiner Zeit und hatte den 30-jährigen Krieg als direkte Folge.
   Wünscht mir Glück!

Mittwoch, 27. Juli 2011

Bart 2011

Hier sitze ich nun. Der 28. Juli 2011 ist erst wenige Minuten alt. Melancholie liegt über den Straßen Hamburgs und es ist somit der perfekte Zeitpunkt, ein paar Zeilen über Haare zu schreiben. Dieser Satz macht einmal mehr deutlich, warum ich der König der Anfänge bin. Denn in dieser Sommerpause habe ich es mir erlaubt, ein kleines Experiment zu wagen und den Stand meiner Gesichtsbehaarung abzurufen.

Was habe ich aus dem Experiment gelernt? Zum einen, dass der Coolheits- und der Assi-Faktor beim Bartwuchs ein poetisch anmutendes Wechselspiel zu zelebrieren scheinen. Mit jedem dazusprießenden Millimeter änderte sich die optische Stimmung von ursprünglich „rasiert“ über „verrucht“ zu „verkommen“ gefolgt von „männlich“ daraufhin „obdachlos“ und schließlich zu „Chuck Norris“. Von einigen Leuten gab es allerdings auch durchgehend Zuspruch und von anderen konstante Abscheu.

Eine weitere Beobachtung war der fast krankhafte Zwang, mir ab einer gewissen Länge immer mit wenigstens einer Hand durch den Bart zu streichen. Diesem Zustand verdanke ich nun die Fähigkeit, mir mit einer Hand ein Brot schmieren zu können. So haben meine Hände in den letzten Tagen eine Strecke von gut und gerne elf Kilometern zurückgelegt...in meinem Gesicht. Die frische Gesichtsbehaarung fungierte bei mir also anscheinend als eine Art Ersatzhaustier. Zwangsläufig kam die Frage auf, ob ich ihn benennen sollte. Aber was für ein Tier ist ein Bart? Irgendwie ist es ja einfach ein Mensch. Zumindest ein Teil vom Menschen. Ich machte mir viel zu lange Gedanke über dieses Thema und freute mich danach einfach, dass mein Bart währenddessen wieder ein bisschen gewachsen war. Er wusste einfach immer irgendwie, was mich gerade aufheitern würde. Er war ein guter Bart. Und jetzt ist er tot.

Aufgrund eines Videodrehs in den nun kommenden Tagen habe ich das Experiment nun beendet und ihn einschläfern lassen. Zumindest war das mein Plan. Der verwunderte Tierarzt schickte mich allerdings mit grimmigem Unterton wieder nach Hause und riet mir, den Bart einfach tot zu rasieren. All die technischen Fortschritte der modernen Zivilisation und es gibt dennoch immer noch lediglich diese eine barbarische Methode einen Bart loszuwerden. Ich und mein Bart weinten viel während der Akku des Rasierers lud. Beim Versuch den Bart vor der Prozedur mit Chlorophyll zu betäuben, fiel ich in Ohnmacht. Als ich mit brummendem Schädel wieder zu mir kam, tat ich das, was jeder Mann in solch einer Situation tut: Ich rasierte mir einen Schnurrbart.

Vielleicht bietet sich ja im nächsten Jahr mal wieder die Gelegenheit für solch eine Aktion. Bis dahin bleiben mir diese Bilder sowie meine Erinnerungen ans Haustier in meinem Gesicht.




Donnerstag, 9. Juni 2011

Ferkel-Schnupfen

EHEC ist noch immer allgegenwärtig und beherrscht die Medien wie kein zweites Thema. Während die Jüngsten unter uns Gurkensalat nur noch aus Erzählungen kennen und Tomatenverzehr sich mittlerweile zu einer gängigen Mutprobe entwickelt hat, wasche ich aus Nervosität seit einigen Tagen selbst Lachgummis mit heißem Wasser ab. Das Leben hat sich für uns alle verändert. Besonders für Vegetarier, die sich zurzeit unfreiwillig im Hungerstreik befinden.
Lasst uns nun aber kurz innehalten und in die Vergangenheit schauen, denn dies ist keinesfalls die erste Seuche, mit der wir es zu tun haben.

Während die Pest im Mittelalter die Hälfte der europäischen Bevölkerung dahinraffte und die Spanische Grippe zu Beginn des 20. Jahrhunderts in nur knapp zwei Jahren mehr Tote als der Erste Weltkrieg nach sich zog, suchte Anfang 2009 ein neues Ungetüm die Weltgemeinschaft heim...
In den Tagen des damaligen Terrors verfasste ich folgende Worte, ohne zu wissen, ob überhaupt noch jemand übrig war, der sie auch lesen würde können....
Es war Donnerstag der 30. April 2009. Ich zündete mir eine Kerze an, setzte mich in einen Raum ohne Schweine und fing an, zu schreiben:

Ferkel-Schnupfen

Es ist soweit, die Finanzkrise hat Sommerpause! Das Thema der Massenarmut ist nun allerdings dem nicht minder cooleren Thema des Massensterbens gewichen. Gestern waren wir arm, morgen sind wir tot. Ja, der Ferkel-Schnupfen hält den Globus in Atem. Und bevor ich (so wie wir alle) wohl in ziemlich genau zehn Tagen aus sein werde, wollte ich doch noch einen Blog dazu geschrieben haben.

Die Schweinegrippe ist zurzeit dermaßen „in“, dass alle großen Musikkonzerne sich mit Angeboten überbieten, um sie zu signen! Im Zuge dieses Hypes ist es nun auf einmal tabuisiert worden, mit Schweinen (ungeschützten) Geschlechtsverkehr zu haben. Wo soll das bitte enden?
Die ersten Fälle sind nun anscheinend auch in Deutschland aufgetreten. Falls man nun erkrankt, wird man daher lediglich auf eine Nummer degradiert: Fall 5, Fall 6,… Um jetzt noch Aufmerksamkeit zu erregen und am Ende des Jahres bei Jauchs Jahresrückblick eingeladen zu werden, muss man weg vom Schweine-Trend. Und „neu“ muss dabei nicht immer „neu“ sein. Das ist bei den Krankheiten wie mit der Mode oder Musik. Einfach mal gucken, was früher trendy war. „Inspiration“ ist das Schlagwort.

Es ist ziemlich sicher, dass derjenige, der jetzt mit Vogelgrippe eingeliefert wird (was selbst in der Hochphase dieser vergessenen Katastrophe eigentlich nie wirklich jemandem gelungen ist), definitiv sein Konterfei auf der 2009er Jahreschronik verewigt sehen wird (oder nicht, das ist ja leider das Problem mit solchen Krankheiten).

Noch mehr vintage wäre allerdings natürlich BSE. BSE gehört zu den Neunzigern wie Britpop oder Techno. Aber BSE…was war das noch mal? Ach ja, das war die Krankheit, die nicht durch Erreger, sondern durch die Medien übertragen wurde. Und eine ganze Nation wurde blöd:
„Oh nein, ich habe meinen Schlüssel vergessen…und vor acht Monaten hatte ich Ravioli! Mit Rindfleischfüllung!! Vergessen..Rind..ICH HABE BSE!!!“
Das Lustigste daran ist ja, dass die in den Neunzigern im Laufe des BSE-Hypes zu abertausenden geschlachteten Rinder, wohl heute noch im Gammelfleisch zu finden sind. Moment..Gammelfleisch? Was war das noch? Na ja, ist ja auch egal, wir haben ja jetzt was Neues, um uns zu fürchten.

Mittwoch, 1. Juni 2011

EHEC - Und morgen gibt es Esspapier

Ich schreibe aus dem Krisenherd
Aus Hamburg wo die Seuche gärt
EHEC, EHEC, und morgen gibt es Esspapier
EHEC, EHEC, was kann denn da die Gurke für?

Und jetzt alle!...

Anfang dieser Woche sah ich im Supermarkt vor mir an der Kasse einen Mitte zwanzig Jährigen, dessen kompletter Einkauf aus einer einzelnen Gurke bestand. Eine Gurke, sonst nichts. Sind das die neuen Emos? Oder stellte diese Aktion vielleicht eine Art Durchhalteparole dar? Nie wirkte ein Mann beim Kauf einer Gurke cooler als in diesem Moment. Fakt ist aber auch, dass ich ihn anguckte, als wäre er ein Außerirdischer. Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf. 

Als ich die Gurke so beobachtete, wie sie harmonisch auf dem Laufband hin- und herrollte (ihr Protestmarsch?), war ich mir sicher, auf ihr ein Lächeln erkennen zu können. Bei all dem Hass, der diesem Gemüse in letzter Zeit entgegenschlug, war das auch nicht weiter verwunderlich. Dieses Exemplar hatte schließlich das zurzeit schier Unmögliche geschafft und wurde gekauft. Wofür diese Gurke allerdings im Endeffekt tatsächlich benutzt wurde, lädt zu verstörenden Spekulationen ein. Aber auf dem Laufband war sie glücklich und das ist schön.

Wenn ich zu Hause Essen mache, sind es meistens Sandwiches mit Gurken, Tomaten und Salat. Dank EHEC esse ich seit zwei Wochen nur noch Fischstäbchen...Und jetzt kam raus, dass Gurken doch nicht verantwortlich seien. Was dann? Da wünscht man sich doch das gute alte Dioxin-Ei zurück, da hatte man ein klares Feindbild. Oder die Vogelgrippe. Da musste man lediglich auf den Verzehr von Vogelfäkalien verzichten, eine Einschränkung, die für weit über die Hälfte aller Deutschen keine besonders große Umstellung darstellte. Meine Vitamine ziehe ich zurzeit aus Multivitamin Brausetabletten mit Orangengeschmack und Lachgummis. Der erste Salat nach der Krise wird ein Fest!
Welche Art von Lebensmittel war in den letzten paar Jahren eigentlich noch nicht wegen akuter Gesundheitsgefahr in den Medien? Vielleicht ist ja bald Wasser dran. Dann trinke ich nur noch Schokolade...Prost!

Freitag, 27. Mai 2011

Das Phänomen Mücke

Es ist Mückenzeit. Anders als die Weihnachtszeit ist dies allerdings kein Grund zur Freude. Nachdem mir die fliegende Penetranz die letzten Jahre jeden Sommer um die acht Wochen Schlaf und elf Liter Blut kostete, habe ich nun an jedem Fenster engmaschige Fliegengitter angebracht. Ich hätte auch Selbstschussanlagen ins Spiel gebracht, musste aufgrund der Gesetzgebung in diesem Punkt allerdings zurückstecken (noch).

Es gibt fast kein Geschöpf auf diesem Planeten, das mich so sehr aufregen kann wie diese Biester (was macht Paris Hilton eigentlich gerade?). Statistisch gesehen kennt jeder jemanden, der schon einmal schlechte Erfahrungen mit Mücken gemacht hat!

Ihr liegt im Bett, Halbschlaf, ihr hört ein Geräusch…in diesem Moment gibt es zwei Möglichkeiten: Mücke oder Lastwagen. Es ist faszinierend genug, dass ein entfernter Truck genauso klingt wie eine Mücke im Zimmer, aber noch faszinierender, dass man sich in diesem Moment so sehr wünscht, es sei ein Lastwagen, dass es einem sogar egal wäre, wenn dieser direkt durchs eigene Bett fahren würde.

Früher lieferte ich mir oft erbitterte Kämpfe mit den stechenden Dämonen. Diese fanden  meist gegen zwei Uhr morgens in meinem Schlafzimmer statt, ich in Shorts und mit Fliegenklatsche (ich muss zugeben, dass ich mir immer vorstellte, es sei ein Lichtschwert…ich bin halt irgendwie ein Nerd), Mücke mit Flügeln und Stechrüssel. Die Statistik war recht ausgeglichen. Manchmal habe ich sie zerfetzt, manchmal brach ich aber auch vor Übermüdung mitten im Zimmer zusammen und wachte nächsten Tag mit Stichen überseht auf dem kalten Boden auf. Doch diese Schlachten haben mich müde gemacht. Ich will nicht mehr kämpfen. Daher fahre ich nun die Fliegengitter-Schiene.

…aber ab und zu lasse ich doch noch eine Mücke rein, der alten Zeiten willen. Und dann hole ich mein Lichtschwert wieder aus dem Schrank…

Mittwoch, 4. Mai 2011

Auf den Zahn gekommen

Ich träumte ziemlich genau solange von einer Zahnspange, bis mir schließlich eine in den Mund gebaut wurde. Nach knapp vier Minuten mit dem Metall-Biest im Gesicht verflossen die romantischen Vorstellungen, welche sich bis dato in meinem Kopf eingenistet hatten („Cool! Meine Zähne sehen dann aus wie der Terminator!“). Es war, als schenkte man einem Jungen, der sich schon immer ein Haustier gewünscht hatte, ein tollwütiges Meerschweinchen ohne Beine. Ja, die Enttäuschung war groß und mit dem glänzenden Gerüst im Mund sollten zwei Jahre Schmerz, Verzicht und Freakshow beginnen…An diesem Tag endetet meine Kindheit.

Warum das alles? Mir wurde gesagt, mein Kiefer sei zu klein, so dass man Platz schaffen müsse, damit ich später meine Weisheitszähne behalten könne. Also, meißelte man mir vier andere, gesunde Zähne heraus und brachte eine Spange an, welche die entstandenen Lücken schließen sollte.

Mir hatte allerdings niemand erzählt, was für wahnsinnige Schmerzen so eine Klammer mit sich bringen würde. Nicht nur, dass so ein Teil dermaßen s************** aussieht, dass man ernsthaft in Erwägung zieht, sich eine Magensonde legen zu lassen, um den Mund einfach zwei Jahre nicht aufmachen zu müssen - es tut auch einfach irre weh! Die Zähne stehen unter enormem Druck, da diese samt Wurzel und all dem Ballast, der sonst noch im Zahnfleisch hängt, verschoben werden. Versucht doch mal, eure linke Schulter so zu versetzen, dass sie an eure Hüfte dockt…kein Spaß! Es ist ein Gefühl als hätte man den Mund voller Nägel und so wird jede Mahlzeit zum Fakir-Training (ich wollte nie Fakir werden). Diesem Zustand verdanke ich übrigens die Fähigkeit, Pizza lutschen zu können.

Ein tolles Spiel war es auch immer, neue Möglichkeiten zu entdecken, die Brackets rauszubrechen. Das erste Mal passiert den Meisten Spangenträgern mit einem Biss in einen Apfel. Andere adäquate Mittel sind Glasflaschen, Pfirsichkerne oder mit ein bisschen roher Gewalt und Fleiß sogar Lakritz. Mein Rekord liegt bei drei Brackets in einer Woche. Da man allerdings jedes Mal wieder zum Arzt muss und dieser nach einiger Zeit stark an einem zu zweifeln beginnt, sollte man dieses Spiel nicht zu oft spielen.

Irgendwann hatte ich es dann schließlich überstanden und die Spange wurde wieder herausgenommen. Eben sah ich noch aus, als hätte ich eine billige Felge im Mund und dann strahlten einen plötzlich diese großen, weißen, unglaublich geraden Zähne an. Es war ein kleines bisschen Wiedergeburt. Die Reise war zu Ende.

Epilog: Als ich dann drei Jahre später schwitzend beim Kieferchirurgen lag, während dieser mit beiden Händen an einer großen Eisenzange zerrte, um meine Weisheitszähne aus dem aufgeschnittenen Kiefer zu reißen … ja, genau als mir ein neuer Schwall Tränen über die Wange herunter zu meinem Kinn lief, und sich dort mit Blut vermischte … da dachte ich kurz an den Grund meiner Spange zurück und lachte innerlich laut los.


Mittwoch, 27. April 2011

Das Super-Deo

Neulich beim Gang durch die Filiale einer bekannten deutschen Drogeriekette, die sich auf "ichbinderbossmann" reimt, fiel mein Blick auf ein Deoprodukt, welches 72 Stunden Frische garantierte. Und das Kopfkino begann. 72 Stunden...Die meisten Menschen mit Sozialleben duschen täglich, wenigstens aber alle zwei Tage. Was für Leute sprühen sich also besagtes Gas unter die Arme und überlassen ihre Körperhygiene danach 72 Stunden dem Versprechen auf der Dose? Werden die Käufer eines solchen Produktes an der Kasse schief angeguckt? Müssen sie jedes Mal beim Bezahlen dazusagen: "Ich bin Wochenendpendler und lebe von Freitagmittag bis Montagmorgen in einem Fass im Wald...auf dieses Produkt habe ich mein Leben lang gewartet!"? Und wie lebt man in einem Fass? Dieses Deo wirft Fragen auf.

Das Deodorant ist ein aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenkendes Produkt, welches aus Paniksituationen Spaßsituationen machen kann. Bevor dieses Mittel allerdings industriell hergestellt wurde, mussten sich die Menschen anders helfen. So klemmten sich früher Viele einfach alle zwanzig Minuten neue Eisbrocken unter die Arme, welche die Bewegungsfreiheit jedoch enorm einschränkten und häufig zum Erfrierungstod führten. Nach der Eiszeit waren die Leute gezwungen sich ihre Gesichter mit vergorenen Innerein einzureiben, um von den Axeln abzulenken. Dieses dunkle Zeitalter endete mit einem Knall als Alfred Deodorant, ein arbeitsloser Schäfchenzähler aus Noldingen, einem beschaulichen Vorort von Atlantis, auf die Idee kam, sich die Axelhöhlen mit heißem Kräuterwachs zu versiegeln. Das zunächst als "Alfreds Kräuteraxel" und später nur noch als "Alfreds" bekannte Produkt galt durch geschicktes Marketing schnell als DIE Alternative zu vergorenen Innereien im Gesicht. Neue Sorten ließen nicht lange auf sich warten und so konnte man bald neben "Kräuter-Classic" auch "Honig" und "Gut" erwerben. Die Marke "Alfreds" musste allerdings trotz des immensen Anfangserfolges wenig später Konkurs anmelden, als eine der vielen aufkeimenden Nachahmerfirmen den Duft "Besser" auf den Markt warf und damit den Nerv der Zeit traf. Alfred versuchte zwar noch einmal ein Comeback mit "Noch Besser", konnte dann aber gegen den Konkurrenzduft "Das Beste Mal Unendlich" natürlich nichts mehr entgegensetzen.

Ich sehe heute einen ähnlichen Trend aufkeimen. Auf die 24-Stunden Deos folgten 48 Stunden-Deos und nun halt die 72er Variante. Es bedarf keiner immensen kreativen Leistung, um sich auszumalen, was als nächstes folgt. Es bleibt die Frage nach dem "warum"? Ich warte nun auf ein Deo, das mit vierwöchiger Frische wirbt, um mich dann vor die Kasse zu stellen und die Käufer zu fotografieren.

Donnerstag, 14. April 2011

Bieni Eye

Wer schon einmal einen Text von mir gelesen hat, erwartet nun sicher eine wirre Geschichte voller humoristischer Abenteuer. Doch heute verlasse ich die raue Welt der Zoten, denn es geht um Bienen...
 
Es begab sich letzten Montag, dass ich nachts nach dem Duschen und vor dem Filmgenuss (der sogenannten „Spitzenzeit“) neben meinem Bett eine kleine Biene in Totenstellung (auf dem Rücken liegend, Gliedmaßen um den Leib gewickelt) sah. Bei näherer Beobachtung bemerkte ich, dass sich eines ihrer Beinchen noch leicht bewegte. Hypnotisch winkte es mir in Zeitlupe zu, als wollte es sagen „Komm her und küss mich, ich bin ein verzaubertes Einhorn“. Es war also noch Leben in dem süßen Biest. Sofort sprang der Retterinstinkt in mir an und ich hob das Tier auf und tropfte ein wenig Wasser vor dessen Kopf. Und tatsächlich, ein kleiner Rüssel streckte sich aus und ich sah sogar, wie eine winzigkleine Zunge rein und raus flutschte. Dieses Schauspiel beeindruckte mich enorm. Die Biene trank meines Erachtens recht viel. Einmal habe ich sogar nachtropfen müssen. Danach fragte ich mich, was Bienen eigentlich essen. Im Internet fand ich heraus, dass Zuckerwasser ihnen als Nahrung dienen könne, woraufhin ich gleich eine Ladung des süßen Saftes zubereitete. Und zack! Da war der Rüssel wieder. Ich bin mir ziemlich sicher, ein zufriedenes Lächeln in ihrem Gesicht erkannt zu haben.  

Ich war mittlerweile bereits eine halbe Stunde mit dem Tier beschäftigt. Es wirkte noch recht schwach und ich wollte es nicht in diesem Zustand in die kalte Großstadtnacht entlassen. Daher machte ich zwei neue Tropfen auf die Fensterbank (Wasser und Zuckerwasser), holte eine durchsichtige Müslischale und legte diese über die Tropfen und die Biene. Ich hob die Müslischale am Rand etwas an und quetschte gefaltetes Haushaltspapier dazwischen, damit sich die Biene dort verstecken konnte und so auch ein Spalt für Luft entstand. Dann guckten wir einen Film und schliefen ein...vorher pischte sie allerdings noch auf die Fensterbank.

Am nächsten Tag wollte ich das erholte und gestärkte Tier freilassen und setzte es morgens auf den Fenstersims im Badezimmer. Allerdings schien die Biene von diesem Vorhaben nicht wirklich begeistert zu sein. So saß sie nun dort und guckte mir von draußen durchs Fenster hinterher, wie ich gebrochenen Herzens die Wohnung verließ. Abschiede fallen mir schwer.

Wieder zu Hause angekommen, guckte ich sofort auf den Sims und fand sie dort tatsächlich immer noch unter einem kleinen Blatt kauernd in einer Ecke. Da sie anscheinend noch keine weiteren Dates geplant hatte und zudem auch nicht in der Verfassung zu sein schien, eine harte Aprilnacht zu überstehen, nahm ich sie wieder mit in mein Zimmer und baute ihr Gehege etwas aus. Sie bekam nun einen portablen Teller als Untersatz und wie gehabt Müslischale und Haushaltspapier. Aus Frischhaltefolie baute ich zudem einen Trog für das Zuckerwasser.

Mittwoch wurde sie etwas aktiver in ihrem Gehege und wanderte viel herum. Ich dachte, dass sie nun vielleicht bereit wäre, für den Schritt in die Natur. Ich nahm das Haushaltspapier, auf dem sie saß und klemmte es ins Fenster, so dass es nicht mit ihr wegflog, sie also Zeit hatte, zu entscheiden, wann sie loslassen wolle. Abends war sie allerdings immer noch da und ich nahm sie wieder mit in ihr Schlafquartier.

Heute Nachmittag hatte sie es tatsächlich geschafft, durch den Luftspalt unter der Schale zu kriechen und wanderte über meinen Schreibtisch. Sie flog auch kurz in Richtung Fenster (sie kann fliegen), machte allerdings wieder keine Anstalten, auch wirklich raus zu wollen. So ließ ich sie einfach weiter frei auf dem Schreibtisch herumwandern und nahm sie schließlich wieder unter die Müslischale, als sie eingeschlafen war.

Mittlerweile habe ich eine Beziehung zu ihr aufgebaut. Ihr Name ist Bieni Eye. Von der Körpergröße wohl eher Model Blütenstaubsammler, also working class. Ich möchte hier noch einmal klarstellen, dass ich mich sehr wohl um eine möglichst angenehme Haltung bemühe und ich wiederholt versucht habe, sie in die Natur zu entlassen. Aber es ist ihr wohl noch zu kalt. Daher werde ich noch ein paar Tage mit meiner neuen Mitbewohnerin verbringen. Der Abschied wird mir schwer fallen...man hat ja schon irgendwie eine gemeinsame Geschichte.